Die Marktverleihung  (aus "Episcopalis est Zeuln")

Das Recht,Märkte abhalten zu dürfen, zeichnete die großen Landgemeinden vor den kleineren aus.
Die Marktverleihung wertete auch den politisch-administratorischen Rang einer Gemeinde auf. Nach den Landstädten waren im Fürstbistum Bamberg die sogenannten Marktflecken die höchsten kommunalen Verwaltungseinheiten, die rechtlich weit über den anderen Gemeinden, Dorfschaften, Dörfern und Weilern standen und besondere Privilegien genossen. Ein Markt (forum) zeichnete sich durch eine funktionierende Gemeindeleitung und Gemeindeverwaltung aus und zeugte von wirtschaftlicher Prosperität.Die Einwohner eines Marktes waren nicht mehr Dörfler bzw. Bauern (rustici), sondern wurden Bürger (cives) bzw. Bürgerschaft (civitas) genannt. Ebenso wurden mit der Marktverleihung aus den beiden Dorfmeistern (magistri villae) Bürgermeister (magistri
civitatis). Den Bürgermeistern aber kam auch eine größere Amtsautorität als den Dorfmeistern in der Innenverwaltung der Kommune zu. Sie konnten in ihren Amtsgeschäften mit größerem Selbstbewußtsein auftreten, auch wenn dem Schultheißen letztendlich die Oberaufsicht zustand. Ein Markt durfte regelmäßig Kram- und Viehmärkte abhalten und dafür in sehr einträglicher
Weise Marktzoll erheben. Der Viehmarkt wurde jeweils am Tag nach dem Krammarkt abgehalten.
Der abzuhaltende Markt wurde vom Gemeindediener öffentlich angekündigt und von den Dorfschützen polizeilich beaufsichtigt. Der Markt selbst fand in der Dorfmitte statt. Jeder Händler zahlte für den Marktschutz an die Gemeinde als eigentlichen Marktzoll das Stand- und Pflastergeld. Der Standplatz wurde dem jeweiligen Händler, ob er nun von auswärts kam oder einheimisch war, ohne Bevorzugung durch die beiden Bürgermeister zugewiesen. Ein dem Händler einmal angewiesener Ort durfte ihm nicht gegen seinen Willen entzogen werden. Auf den Märkten konnte jeder Bürger sich mit allen möglichen Kramwaren und Sachen eindecken. Das mannigfaltige
Warenangebot reichte vonWerkzeugen, Geschirr und Haushaltsgegenständen über Stoffe, Kleider und Schuhe bis zu Arzneien, Gewürzen und einer Vielzahl von Lebensmitteln. Beim Viehmarkt wurden alle Arten landwirtschaftlicher Nutztiere angeboten. Die von auswärts kommenden Händler
stammten vor allem aus den umliegenden Städten Burgkunstadt, Weismain, Kronach, Lichtenfels und Staffelstein sowie aus der Bamberger Gegend. Die Märkte waren in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung. Zum einen brachten sie derGemeindekasse regelmäßig Zolleinnahmen bzw. Standgebühren
ein, auch wenn dem Fürstbischof für das gewährte Marktrecht Steuern zu entrichten waren. Zum anderen boten sie den einheimischen Bauern und Handwerkern dieMöglichkeit, einem größeren und zum großen Teil von auswärts kommenden Kundenkreis ihreWaren zu verkaufen.Zum dritten wurde
durch fremde Händler das Warenangebot vergrößert und Einheimischen bequeme Einkaufsmöglich- keiten gegeben. Zum vierten erhöhten große Märkte den Ruf eines Ortes in der gesamten Umgebung. Und schließlich waren die Markttage ein regelmäßiges besonderes gesellschaftliches Ereignis im Leben der Bevölkerung. Die Wirte waren angewiesen, während der Marktzeit den kaufenden und verkaufenden Marktbesuchern genügend Essen und Trinken vorzusetzen, und zwar zu verbilligten Preisen. Während den meisten anderen Ortschaften am Obermain wie etwa Graitz
und Michelau lediglich vier Kram- und Viehmärkte im Jahr zugestanden wurden, hatte Zeuln von Anfang an sechs Märkte vom Fürstbischof bewilligt bekommen. Die eigentliche Marktverleihungs- urkunde Zeulns ist nicht mehr vorhanden. Doch scheint die Markterhebung allergrößter Wahrscheinlichkeit nach in das Jahr 1523 zu fallen.
Zeuln wies damals ca. 650 Einwohner in ungefähr 80 Häusern auf. Der älteste schriftliche Nachweis dafür, daß in Zeuln Markt gehalten wurde und dem Fürstbischof dafür Steuern zu zahlen
waren, findet sich im Bamberger Fraischbuch von 1565, in dem alle Gerichtsbezirke (Officia) des Hochstifts Bamberg samt den dazugehörigen Ortschaften und jeweiligen Rechtsverhältnissen genau aufgelistet sind. In der detaillierten Eintragung Zeulns unter dem Amt Burgkunstadt heißt es unter anderem, daß der Zehnt vonn den zu Zeülenn abgehalttenen sechs Märktt dem Bischof zu entrichten sei, und zwar über das Kastenamt Lichtenfels.
Daß Marktzeuln, wie es in den beiden Zeulner Festschriften von 1971 und 1995 heißt, um das Jahr 1570 das Marktrecht verliehen bekommen hätte, entbehrt der historischen Grundlage und ist nach Überprüfung der geschichtlichen Gegebenheiten unwahrscheinlich.
Das Bamberger Fraischbuch stellt 1565 das bereits ausgeübte Marktrecht für Zeuln fest und zwingt dazu, die eigentliche Marktverleihung in jedem Falle vor 1565 anzusetzen. Wenn man bedenkt, daß das dem katholischen Fürstbischof von Bamberg unterstellte Zeuln seit 1542 mit dem Übertritt des Pfarrers Maternus von Reitzenstein (1534–1544) zum Protestantismus vom katholischen Glauben abgefallen war und sich auf diese Weise zumindest bis 1609 dem fürstbischöflichen Landesherrn gegenüber aufsässig und abtrünnig verhielt, so ist es völlig
unvorstellbar, daß der Fürstbischof während dieser Zeit des Glaubensabfalls und Ungehorsams den Zeulnern das überaus hohe Privileg des Marktrechts verliehen hätte.Da Zeuln trotz seines Glaubensabfalls rein politisch aber auch weiterhin nach allgemeinem Reichsrecht zum Hochstift Bamberg gehörte, ist es ebenfalls ausgeschlossen, daß etwa ein anderer, auswärtiger protestantischer Landesfürst den Zeulnern das Marktrecht verliehen haben könnte. Die Erhebung zum Markt war in jedem Falle durch den Bamberger Fürstbischof erfolgt und zwar vor 1542. Da Marktzeuln zusammen mit Marktgraitz weiterhin bereits seit der sächsischen protestantischen Kirchenvisitation von Ende 1528, die in Zeuln und Graitz sehr eifrig durchgeführt worden war,
in der Gefahr des Glaubensabfalls stand, erscheint eine fürstbischöfliche Marktverleihung
für Zeuln entsprechend seit 1528 als unwahrscheinlich, zumal die Zeulner nach Angaben des anfänglich noch katholischen Pfarrers Maternus von Reitzenstein seit dieser Zeit den praedicantes Lutheri nachliefen. Andererseits aber muß die Marktverleihung in jedem Falle nach 1522 erfolgt sein, da Marktzeuln in einem offiziellen Pfarrei und Ortsverzeichnis des Bamberger Karmeliterklosters für Kollekten, das aus dem Jahr 1522 stammt, noch als Parochia et villa Czeulen, d. h. als Pfarrei und Dorfschaft Czeulen, aufgelistet ist. Da weiterhin im Fürstbistum Bamberg 1524/1525 der Bauernkrieg und dessen verheerende Folgen – gerade im
Jahr 1526 – zu bewältigen waren, erweist sich das Jahr 1523 als das wahrscheinlichste,
in welchem Zeuln vor dem Bauernkrieg zum Markt erhoben worden sein könnte. Denn wenn man berücksichtigt, daß sich die Zeulner im Verbund mit den Graitzern, Weismainern, Lichtenfelsern, Schwürbitzern und Michelauern unter den Zeulner Rädelsführern Hans Taschner und Heinz Müller (Heinzenmüller) in besonders auffälliger Weise am Bauernkrieg gegen die fürstbischöflich-bambergische Obrigkeit beteiligt und vor allem den langheimischen Gutshof
zu Hochstadt geplündert hatten, wie aus dem Bericht des Burgkunstadter Amtmanns Georg von Schaumberg hervorgeht, ist es vollends auszuschließen, daß die Zeulner 1525 oder 1526 nach ihren verbrecherischen Taten mit dem Marktprivileg ausgestattet worden sein könnten. Zeuln, das mit Sicherheit bereits seit vielen Jahren um die Gewährung des Marktrechtes bei der fürstbischöflichen Regierung nachgesucht hatte, scheint in jedem Fall vor dem Bauernkrieg,
vermutlich 1523, auf Grund von ökonomischen Gesichtspunkten in den administratorischen
Rang eines Marktes erhoben worden zu sein. Der Fürstbischof, der Zeuln die Marktverleihung gewährte, war Weigand von Redwitz, der das Hochstift Bamberg von 1522 bis 1556 regierte. Die ursprünglichen sechs Markttage waren vermutlich Lichtmeß (2. Februar),Georgii (23. April), Ioannis (24. Juni), Bartholomaei (24. August), Michaelis (29. September) und Andreae (30. November).